Lebensgefährliche Komplikationen bei Blutvergiftung

Darum ist Sepsis eine unterschätzte Gefahr

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Wird eine Sepsis - auch Blutvergiftung genannt - nicht frühzeitig erkannt, drohen den Betroffenen schwere gesundheitliche Komplikationen. In vielen Fällen führen diese zum Tod der Patienten.

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Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland, bei Kindern sogar die zweithäufigste. Das muss nicht sein, denn Sepsis gilt als vermeidbar.

Das steckt hinter einer Sepsis

Eine Sepsis kann durch jede Entzündung im Körper ausgelöst werden, zum Beispiel wenn sich eine Wunde entzündet.

Oft beginnen Blutvergiftungen mit einer Lungenentzündung. Normalerweise hält das körpereigene Immunsystem die Erkrankung in Schach. Aber nicht immer:

  • Einige Erreger schaffen es in den Blutkreislauf und werden so im ganzen Körper verteilt.
  • Sie können sich überall festsetzen: in den Nieren oder in den Herzklappen.
  • Sie vermehren sich meist explosionsartig und das Immunsystem reagiert mit einer Entzündung im ganzen Körper. Auch in den lebenswichtigen Organen.

Die Nieren fallen oft zuerst aus. Statt zu fließen, gerinnt das Blut. Zellen bekommen keinen Sauerstoff mehr und sterben ab. Sichtbar wird das zum Beispiel an den Fingerspitzen, die nicht mehr durchblutet werden.

Doch das Gewebe in den Organen ist genauso zerstört. Es folgt der septische Schock mit multiplem Organversagen.

Intensivstation mit zwei Patienten in ihren Betten und vielen technischen Hilfsmitteln neben den Betten (Foto: SWR)
Wer mit einer Sepsis kämpft, braucht in vielen Fällen intensivmedizinische Betreuung.

Über 40 Prozent der Patienten sterben daran. Besonders gefährdet sind Menschen mit geschwächtem Abwehrsystem, zum Beispiel frisch Operierte, chronisch Kranke wie Diabetiker oder auch alte Menschen.

Eine Sepsis hat keine eindeutigen Symptome. Das macht es schwer, sie zu erkennen. Trotzdem rät die Deutsche Sepsishilfe, sofort einen Arzt aufzusuchen, wenn folgende Symptome auftreten:

  • Sie bekommen Schüttelfrost und Fieber.
  • Sie fühlen sich extrem krank, bekommen rote Stellen oder Flecken auf der Haut.
  • Sie sind schläfrig oder sogar verwirrt.
  • Sie fühlen sich, als müssten Sie sterben.
  • Sie atmen schwer und bekommen kaum Luft.

Deshalb ist eine Sepsis so gefährlich

Bei einer Sepsis können in schlimmen Fällen innerhalb kürzester Zeit die wichtigsten Organe gleichzeitig versagen. Das führt letztendlich zum Tod.

Inzwischen weiß man, dass etwa achtzig Prozent der Patienten überleben, wenn sie innerhalb der ersten Stunde behandelt werden. Mit jeder Stunde, die verstreicht, sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um sieben Prozent.

Wolfgang Schmitt aus dem Westerwald bei einem Spaziergang. Er erkrankte an einer lebensbedrohlichen Sepsis.  (Foto: SWR)
Wolfgang Schmitt aus dem Westerwald erkrankte an einer lebensbedrohlichen Sepsis.

Sepsis-Patient Wolfgang Schmitt hat Glück, dass er noch lebt. Bei einer Routine-Operation wurde aus Versehen seine Galle beschädigt. Gallenflüssigkeit gelangte in den Bauchraum.

"Das hat man dann versucht über Spülungen zu reinigen, aber das gelang anscheinend nicht vollständig. Am nächsten Tag wurde dann eine Notoperation anberaumt, von der ich aber nichts mehr weiß, weil ich danach im Koma nach Koblenz verlegt wurde.“

Dort stellten die Ärzte fest: Er hatte eine Sepsis – eine Blutvergiftung. Mehrere Organe waren kurz davor, zu versagen. Zwei Wochen lag er im Koma.

Wolfgang Schmitt hatte Glück, dass er noch rechtzeitig behandelt wurde. Doch er hat immer noch Beschwerden: massive Konzentrationsstörungen, Schmerzen im gesamten Körper. Er ist körperlich extrem geschwächt.

"Mir ging es immer noch sehr schlecht. Ich konnte kaum laufen, wenn dann nur mit Rollator wenige Schritte, war auf jede Hilfe angewiesen. Der Pflegedienst kam. Es war eine sehr schwierige Zeit. Ich musste fast alles komplett neu lernen."

Weltkarte, Grafik mit Prozentangaben zur Sterberate bei Sepsis-Erkrankten im Vergleich. (Foto: SWR)
In Deutschland ist die Sterberate bei schwer Sepsis-Erkrankten vergleichsweise hoch.

Die Sterberate bei schweren Sepsis-Fällen ist in Deutschland mit über 40 Prozent deutlich höher als in anderen Industrienationen. In England liegt sie bei 32, in den USA bei nur 23 und in Australien sogar nur bei 18 Prozent.

So kann man sich vor einer Sepsis schützen

Gegen die Sepsis gibt es keinen Impfstoff. Aber gegen die Erkrankungen, die die Sepsis auslösen, kann man sich impfen lassen. Dazu gehört zum Beispiel:

  • die Pneumokokkenimpfung, die für Patienten insbesondere über sechzig empfohlen wird,
  • die Impfung gegen Influenza.

Was wirklich schützt: Die Sepsis so früh wie möglich erkennen.

In Jena entwickeln Forscher gerade einen Chip, der den Urin eines Patienten untersucht. Das könnte den zeitraubenden Bluttest ersetzen. Die Bestimmung der Sepsis-verursachenden Erreger im Körper dürfte so von Tagen auf wenige Stunden verkürzt werden. Noch wird die Methode getestet.

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SWR Fernsehen