Gefiederte Einwanderer

Exoten in der heimischen Vogelwelt

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Papageien, Sittiche, Bienenfresser, Nilgans - gefiederte Exoten, die sich bei uns längst ganz wie zuhause fühlen. Und die unseren heimischen Arten Konkurrenz machen können.

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Welche exotischen Vögel gibt es?

Zwei Papageienarten konnten sich in Rheinland-Pfalz festsetzen und verbreiten.

  1. Der Halsbandsittich ("Psittacula krameri") mit zur Zeit wohl 6.000 bis 7.000 Tieren entlang des Oberrheingrabens in Rheinland-Pfalz und den angrenzenden Bundesländern.
  2. Der Große Alexandersittich ("Psittacula eupatria") mit einigen hundert Tieren um Mainz und Wiesbaden.

Diese beiden Arten sind besonders exotisch, weil auch unbedarften Spaziergängern auffällt: "Da sitzt ja ein Papagei". Man kann sie recht gut voneinander unterscheiden:

Der Große Alexandersittich ist deutlich größer und hat einen kräftigeren Schnabel. Außerdem hat er im Gegensatz zum Halsbandsittich rötliche Flecken auf den Flügeldecken.

Ein weiterer Exot, der in den letzten Jahren seinen Bestand deutlich vergrößern konnte, ist die Nilgans ("Alopochen aegyptiaca"). Sie brütet seit den 70er Jahren in Rheinland-Pfalz und seit den 90ern ist sie in einem deutlichen Aufwärtstrend: Einige hundert Paare brüten in unserem Bundesland.

Die Nilgans hat zur Zeit keine gute "Lobby", es gibt Ärger, weil die Tiere, dort wo sie sich in Gruppen sammeln, relativ laut sein können und an den Ufern natürlich auch Kot hinterlassen. Der Ärger, den die Nilgans macht, wird aber oft überschätzt, sagen Naturschützer, Handlungsbedarf bestehe momentan bei den genannten Arten nicht.

Woher kommen die exotischen Vögel?

Sie alle stammen von Vögeln ab, die entweder aus der Gefangenschaft fliehen konnten oder absichtlich ausgesetzt wurden.

Ursprünglich stammen die Sittiche aus dem südlichen Asien (eine Unterart kommt auch in Afrika vor) und die Nilgans, wie der Name schon sagt, aus Nordafrika. Dass Exoten sich gerade entlang des Rheins wohl fühlen, ist dabei kein Zufall: Europas größte Strom "heizt" und sorgt für ein besonders mildes Klima, mit örtlich fast schon mediterraner Anmutung.

Da die Tiere aber ziemlich anpassungsfähig sind, kann es durchaus sein, dass es zu einer Arealausweitung über das warme Rheintal hinaus kommt.

  • Die Nilgans hat das längst geschafft.
  • Der Halsbandsittich zeigt zumindest Tendenzen in diese Richtung.
  • Nur der Alexandersittich scheint sich mit Mitteleuropa noch ein bisschen schwerer zu tun.
  • Es gibt aber auch exotische Vögel, die den Weg zu uns allein geschafft haben: Die eleganten weißen Silberreiher zum Beispiel werden seit einigen Jahren häufig an rheinland-pfälzischen Gewässern gesichtet.
Ein Gewinner des Klimawandels: der bunte Bienenfresser (Foto: SWR)
Ein Gewinner des Klimawandels: Der bunte Bienenfresser stammt aus dem Mittelmeerraum und breitet sich immer mehr bei uns aus.

Und dann gibt es auch noch "Exoten", die gar keine sind. Oder anders ausgedrückt: Nicht alles, was bunt ist, ist gleichzeitig auch exotisch. Der Stieglitz zum Beispiel, Vogel des Jahres 2016, oder der schöne bunte Eisvogel gehören seit Menschengedenken zur Fauna von Rheinland-Pfalz.

Warum können exotische Vögel bei uns überleben?

Nicht die winterliche Kälte ist das Problem, sondern das Vorhandensein von Nahrung. So wie unsere Zugvögel nicht vor der Kälte fliehen, sondern vor dem Nahrungsmangel, ist auch für die Papageien das Vorhandensein von Nahrung im Winter der limitierende Faktor.

Und die Pflanzenfresser finden genug in unserer Kulturlandschaft, um ihren Energieumsatz hoch- und sich damit warmzuhalten.

Der Lebensraum, den sie zum Beispiel im Rhein-Main-Gebiet oder in der Metropolregion Rhein-Neckar vorfinden, ist ideal, denn die Städte mit ihren Parks und Gärten ähneln sehr den Biotopen in ihrer tropischen Heimat.

Wann schaden Exoten der heimischen Tierwelt?

Das Bundesamt für Naturschutz hat dazu eine Checkliste erstellt, wann Tiere als invasiv einzustufen sind.

Als "invasiv" gelten eingewanderte oder eingeschleppte Tiere, die "in Konkurrenz um Lebensraum und Ressourcen zu einheimischen Arten treten und diese verdrängen, Krankheiten übertragen oder durch Kreuzung mit einheimischen Arten den Genpool verändern".

Nilgans auf einer Wiese (Foto: SWR)
Die Nilgans steht bereits auf der EU-Liste der invasiven Tierarten.

"Alexandersittich, Halsbandsittich stehen zur Zeit auf einer Vorwarnliste. Das heißt, sie gelten als potentiell invasiv“.

Noch sind also weitere Beobachtungen und Abwarten nötig, um zu entscheiden, ob der Mensch hier, zumindest regional begrenzt, eingreifen sollte.

  • Ein Argument zum Eingreifen könnte das Vorhandensein bereits selten gewordener einheimischer Arten in einem Lebensraum sein, in dem die Papageien ihnen den Bruthöhlen streitig machen und sich aufgrund ihrer Körpergröße durchsetzen.
  • Auch die Nilgans gilt, wenn sie brütet, als sehr aggressiv: Sie verteidigt ihr Revier gegen andere Wasservögel. Einen Einfluss auf den Bestand anderer Enten oder Gänse ist ihr bisher aber nicht nachzuweisen.

Als Naturbeobachter kann man sich also mit gutem Gewissen an den exotischen Vögeln freuen und ihr Verhalten beobachten.

Der Halsbandsittich beispielsweise liefert allabendlich ein Naturschauspiel, das von den Farben und der Geräuschkulisse her eher an ihre tropische Heimat erinnert: Zu Hunderten fallen die Tiere abends kurz nach Sonnenuntergang in ihre Schlafbäume ein, wo sie noch eine Zeitlang krächzend umher turnen. Ein Baum voller Papageien – auch das gehört mittlerweile zur Tierwelt in Rheinland-Pfalz.

Ein Baum voller Papageien  (Foto: SWR)
Ein Baum voller Papageien – auch das gehört mittlerweile zur Tierwelt in Rheinland-Pfalz.

Fazit

Naturbeobachter können sich mit gutem Gewissen an den bunten Exoten freuen. Halsbandsittiche bieten abends ein besonderes Naturschauspiel: In Schwärmen fallen sie zu Hunderten in ihre Schlafbäume ein – auf einem großen Parkplatz, irgendwo an einer Straße am Rhein.

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SWR Fernsehen