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Waldsterben durch gefräßige Borkenkäfer

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Es ist nicht zu übersehen, unsere Wälder verdorren. Immer wieder sieht man zwischen grünen Kronen abgestorbene Bäume. Es trifft inzwischen auch vermehrt Laubbäume, aber in der Hauptsache Fichten. Sie leiden nicht nur unter der zunehmenden Trockenheit, sondern auch an einem Schädling, der sich zurzeit rasant ausbreitet: Der Borkenkäfer.

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Weltweit sind über 6.000 Borkenkäfer-Arten beschrieben, in Europa sind 154 Arten bekannt. Jede Borkenkäfer-Art hat ihren Wirtsbaum. In Deutschland am stärksten verbreitet ist der "Buchdrucker", Ips Typographus. Sein Wirtsbaum ist die Fichte.

Warum gibt es so viele Borkenkäfer?

Ganz einfach: Weil es so viele Fichten gibt. Die Fichte kommt ursprünglich aus kühleren Regionen, den Alpen und Mittelgebirgen. Sie wurde hier angepflanzt, weil sie schnell wächst und sich gut verarbeiten lässt. Als Flachwurzler leidet sie besonders unter der Trockenheit. Eine vitale Fichte kann sich mit Harzaustritt gegen einzelne Borkenkäfer wehren. Aber momentan sind die meisten Fichten längst nicht mehr ausreichend vital und haben den Borkenkäfern nichts entgegenzusetzen.

Borkenkäfer (Foto: SWR)
Um eine Fichte zu zerstören reichen 200 männliche Borkenkäfer.

Wie vermehren sich Borkenkäfer?

Männliche, geschlechtsreife Borkenkäfer bohren sich in die Rinde ein und bauen eine sogenannte Rammelkammer. Der Name ist Programm, denn dort begatten die Männchen zwei bis drei Weibchen. Die Weibchen bohren sich weiter in die Rinde, ihre sogenannten Muttergänge. Dort legen sie 30 bis 60 Eier ab. Nach ein bis zwei Wochen schlüpfen die Larven und bohren sich seitlich weiter in die Rinde.
Wenn man ein Stück Rinde eines befallenen Baumes abbricht, sieht man, dass die Gänge diagonal nach oben verlaufen, daher der Name "Stimmgabelgang". Nach drei bis vier Wochen im Larvenstadium verpuppen sich diese. Nach weiteren ein bis zwei Wochen schlüpfen daraus die Jungkäfer, die karamellfarben bis orangefarben sein können. Die Jungkäfer fressen sich noch eine Woche lang in der Rinde satt, der sogenannte Reifefraß. Dann sind sie ausgewachsen und geschlechtsreif. Sie können sich nun ein Ausflugsloch bohren und ausschwärmen, um ihrerseits eine Rammelkammer zu bauen.

Baumrinde (Foto: SWR)
Da Borkenkäfer die Rinde befallen, werden die Versorgungslinien der Bäume beschädigt, die Wasser und Nährstoffe transportieren. Die Folge können tödlich für den Baum sein.

Je nach Witterung dauert die Käferentwicklung sechs bis zehn Wochen. Ein Weibchen kann in einem Sommer bis zu dreimal Eier ablegen. Über den Daumen gepeilt legt ein Weibchen also pro Saison ungefähr 150 Eier ab. Rechnet man mit zwei Geschwisterbruten und drei Jungkäfer-Generationen, dann kann ein einzelnes Weibchen mehr als 100.000 Nachkommen erzeugen.

Was können Förster gegen die Plage unternehmen?

Bei der letzten großen Plage kurz nach dem 2. Weltkrieg wurde den Käfern noch mit dem Insektizid DDT zu Leibe gerückt. Das giftige DDT ist glücklicherweise Geschichte und in deutschen Staatswäldern wird mittlerweile weitestgehend auf Insektizid-Einsatz verzichtet. Die Forstleute müssen also Prophylaxe betreiben und versuchen, schon die erste Brutgeneration zu dezimieren. Deshalb wird mit verschiedenen Methoden gezählt und vorhergesagt, wann Käfer wo ausfliegen. Dazu werden Pheromon-Fallen aufgestellt und sogenannte Fangholzstationen, immer in Kombination mit Wettermessanlagen. Die Vorhersagen sind sehr präzise und so können befallene Bäume sofort aus dem Wald entnommen und entrindet werden, damit sich die Käfer nicht weiter vermehren können.

Damit ihnen kein Baum entgeht, müssen Förster und Forstleute jede einzelne Fichte auf Borkenkäfer-Anzeichen untersuchen. Das sind trockene Nadeln auf dem Boden, Harzaustritte und kleine Bohrmehl-Flecken. Eine sehr mühsame und zeitaufwendige Angelegenheit.

Dr. Eberhard Eisenbarth (Foto: SWR)
Der Waldschutz-Referent von Landesforsten, Dr. Eberhard Eisenbarth aus Hochspeyer im Pfälzer Wald, hat eine Methode entwickelt, mit der befallene Bäume viel schneller identifiziert werden können, mit der sogenannten Avio-Technik.

Aus der Luft sind mithilfe der Avio-Technik die befallenen Bäume gut an ihren braunen Kronen zu erkennen. Die Wälder werden in einem bestimmten Raster überflogen und jeder befallene Baum mit einem GPS-Punkt markiert. Diese Informationen werden den zuständigen Forstämtern zugänglich gemacht. Dann können die Förster reagieren und die Bäume entnehmen.

Eine Stunde Ermittlung aus der Luft ersetzt hierbei eine Woche Borkenkäfer-Suche am Boden. Noch ist die Methode allerdings in der Erprobungsphase.

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SWR Fernsehen