Folge 523

Reisebericht "Winterdampf in der Slowakei"

Stand
AUTOR/IN
Grit Merten
Merten (Foto: privat -)

Von Stuttgart aus geht die Fahrt am Samstag, dem 21. Februar 2004, mit einer modernen Siemens-Dispo-E-Lok über Ober- und Nieder-Österreich zum Slowakischen Grenzbahnhof Bratislava-Petrzalka. Hier übernimmt eine Slowakische E-Lok der Reihe 240 "Laminatka" den Zug bis Trecianska Tepla.

Manch einer hat es befürchtet, andere wollten es nicht wahr haben, doch der Wettergott zeigte während der Tollen Tage kein Erbarmen und hat die Sonne einfach hinter einer Wand aus Hochnebel versteckt. Dieser Lümmel. Das wäre unter normalen Umständen nicht so tragisch, wären wir am Faschingswochenende nicht mit unserem Eisenbahn-Romantik Sonderzug in der Slowakei unterwegs gewesen.

Und so standen wir da mit unseren Filmkameras, Fotoapparaten und Videoausrüstungen und erfreuten uns an den zahlreichen ganz unterschiedlichen Grautönen, die uns die Natur bereit hielt. Ganz nebenbei und um unsere Begeisterung komplett zu machen, schickte uns Petrus auch noch einige Regenwolken verbunden mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Manche Aufnahme war da in einem Rutsch erledigt.

Irgendwie war mir das schon vorher klar, waren doch bei unseren Faschings-Sonderfahrten der vergangenen Jahre Sonnenstrahlen seltener, als Kühlschränke am Nordpol. (Wenn man das so sagen darf). Aber Meckern hilft nix, ist auch nicht unsere Art, deshalb haben wir uns an den positiven Kleinigkeiten erfreut. An der Dampfentwicklung, die bei kühlen Temperaturen immer sehr spektakulär ist und am Schnee, der an vielen Stellen auch noch in größeren Mengen vorhanden war und der den traurigen Himmel etwas aufhellte.

Höhepunkt am ersten Tag war die Fahrt mit der Überlandstraßenbahn von Trencianska Tepla nach Trencianske Teplice. Die zwanzig minütige Bahnfahrt verlängerte sich unfreiwillig, weil die kleine Bahn mit 200 zusätzlichen Gästen hoffnungslos überlastet war. Zumindest stromtechnisch. Insgesamt acht Mal hat es die Hauptsicherung heraus gehauen. Zu guter Letzt war dann 300 Meter vor der Endstation das Ende der Reise. Die restlichen Meter mußten zu Fuß zurückgelegt werden. Diese Fahrt war ein kleines Abenteuer am Rande, zumal der Wagenzug auf dem letzten Teilstück noch einmal gut einen Kilometer rückwärts fuhr, um Anlauf zu nehmen und dann doch nicht ganz ans Ziel zu gelangen.

Kekslok & Becherovka (Foto: SWR, SWR -)
Kekslok & Becherovka

Wenn man hört, dass Anton in der Gegend ist und dieser Anton auch noch grün aussieht, ist klar, dass eine Dampflokomotive im Kommen ist, der Star der Slowakischen Eisenbahn. Zusammen mit "Stoker", einer weiteren Schnellzuglok, zog er den Eisenbahn-Romantik Sonderzug quer durch die Slowakei. Man hat sich dabei die Arbeit ein wenig aufgeteilt. Mal schob Stoker und Anton zog, mal waren beide an der Spitze des Zuges, mal Anton hinten. Und immer war das Stimmung traumhaft. Nicht nur bei den Reisenden, die sich nicht einmal ansatzweise durch das Wetter haben beeindrucken lassen, sondern vor allem auf den Motiven. Und das lag in aller Regel an den ausgelassen rauchenden Loko Motiven.

Am dritten Tag, auf der Fahrt nach Kosice, hat sich Petrus dann eine richtige Unverschämtheit ausgedacht: Er schickte den Regen in gefrorener Form zur Erde. Eisregen, der die Fahrteilnehmer nicht ganz so beeinträchtigte, wohl aber unser Außenteam, mit Kameramann Michael Frick am Steuer. Da ich mir ebenfalls das Vergnügen gegönnt habe, dort mit zu fahren, rutschen wir gemeinsam über die vereisten Nebenstraßen, um unseren Sonderzug zu verfolgen. Nach einer eindrucksvollen Fahraufnahme wollte es der Zufall, dass wir bei der Zugverfolgung einmal falsch abgebogen sind und schon waren wir dem Zug hoffnungslos hinterher. Es war allerdings nicht ganz so schlimm, weil die Dämmerung schon langsam einbrach und weil wir eine Autofahrt durch einen wunderschön vereisten Märchenwald erleben durften.

Am vorletzten Tag brachte uns unser Sonderzug in die Hohe Tatra. Mit gelungenen Streckenaufnahmen und Bildern vom schönsten Bahnhof in der Slowakei und einem nicht minder eindrucksvollen Rathaus, das eher wie eine Kirche aussieht, zu bestaunen in dem Städtchen Kezmarok. In der Hohen Tatra selbst waren die Sichtverhältnisse bedauerlicherweise äußerst bescheiden, so daß ein Fernblick leider unterbleiben mußte. Doch auch so hat die Rundfahrt durch die winterliche Landschaft und den Städtchen wie Stary Smokovec und Strbske Pleso großen Spaß gemacht. Besonders eindrucksvoll war das alte Grand Hotel von Stary Smokovec, mit seiner imposanten Erscheinung und seinen riesigen Eiszapfen.

Am Rückreisetag hat Petrus uns auch noch verhöhnt und Sonnenschein geschickt. Das hätte er doch wenigstens einen Tag früher machen können ... Aber so konnten wir wenigstens zum Abschluß noch einmal die Pracht dieses Landstriches genießen, verbunden mit seiner schneeweißen Weste.

Insgesamt waren es wieder eindrucksvolle Tage, die uns in der Slowakei vergönnt waren. Wir haben einen Eindruck erhalten von Land und Leuten, von der Freundlichkeit und dem Engagement der Menschen hier. Verbunden mit etwas Wehmut beim Abschied. Einmal, weil man dieses kleine Land wirklich liebgewonnen hat, zum anderen weil auch bei der Bahn in der Slowakei die modernen Zeiten einziehen und es zu befürchten ist, dass das Spielen mit der Dampfeisenbahn im Maßstab 1:1 bald der Vergangenheit angehören wird. Aber vielleicht braucht man als Eisenbahnfreund auch nicht ganz so schwarz zu sehen.

(ESD: 21.03.2004)

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Grit Merten
Merten (Foto: privat -)