Folge 656

17.09.2007 Reisetagebuch

Stand
AUTOR/IN
Alexander Schweitzer
Alexander Schweitzer (Foto: SWR, SWR - Wolfgang Drichelt)

Es ist eine Reise der ganz besonderen Art: die gesamten 2.500 Kilometer von Nürnberg nach Istanbul, zum alten Bahnhof Sirkeci werden mit Dampf zurückgelegt.

Preußische Ausfahrt

Es ist die Lok 230.516, eine preußische P8, erbaut anno 1926 in Resita, die an der Spitze des Zuges steht. Die Ausfahrt aus Arad, angestrahlt von der goldenen Morgensonne, ist eindrucksvoll, ähnlich wie der alte zweiteilige Dieseltriebwagen, der direkt neben unserer Kamera rangiert. Sehenswert auch die Dampfleitung, die direkt über das Dach eines Häuschens gebaut wurde, oder die zahlreichen Personen, die die Gleise überschreiten, selbst dann noch, wenn der Zug bereits bedrohlich nahe ist.

Gleise in Sichtweite

Im Gegensatz zum Tag davor, verlaufen die Gleise auf der heutigen Etappe beinahe direkt neben der Straße, so dass eine Verfehlen des Zuges nicht möglich ist.
Auffallend sind die Gleise der Überlandstraßenbahn von Arad, die mindestens 20 Kilometer ins Hinterland führt. Leider haben wir zwar Menschen an den Haltestellen, aber keine Fahrzeuge zu Gesicht bekommen. Dafür aber einige Male unseren Zug. Nicht immer steht die Sonne richtig, manchmal ist der Hintergrund recht bescheiden, oder die Strecke zugewachsen, aber manchmal stimmt einfach alles und so kommen eine Menge schöner Fahrbilder zustande.

Himmlisches Reisen im Zug, Hölle auf der Straße

Im Zug ist die Atmosphäre entspannt, man reist zwar nicht ganz so luxuriös, wie zu Zeiten des legendären Orient-Express, aber der pure Luxus ist ohnedies Verschwendung und das Dinieren im Speisewagen ist auch ohne silbernes Besteck ein Hochgenuss. Ein Komfort, der auf der E7 vergeblich gesucht wird. Auf der sehr stark gefahrene Straße sind jede Menge Autos unterwegs, darunter zahlreiche Laster und die fahren und überholen, als gäbe es kein Morgen. Überholmanöver an jeder Stelle und zu jeder Zeit, bei dem selbst erfahrenen Autofahrern das Herz stehen bleibt.
Kameramann Michael Frick hat sich schnell die rumänische Fahrweise angewöhnt. Auch Durchquerungen von Bächen sind kein Problem für ihn, wenn es der Motivfindung dienlich ist.

Vorspann 231

Am Nachmittag kommt die Reisegruppe endlich in den Genuss der lang erwarteten Dampflok 231.065 die in Vintu de Jos als Vorspannlok an den Zug geht. Zwei Loks für diese flache Strecke mag sich mancher Fahrgast gefragt haben, um ein paar Minuten später eine passende Antwort auf diese Frage zu erhalten:
In mehreren Kurven geht es gut hundert Meter bergauf. Da haben beide Maschinen richtig zu arbeiten. Eisenbahnerherzen beginnen zu jubeln, als die Auspuffschläge durch das Tal hallen und die pechschwarzen Rauchfahnen der beiden Loks die Sonne verdunkeln.

Kulturhauptstadt

Das ist Eisenbahnspielen vom Allerfeinsten und natürlich der Bahnhöhepunkt des gesamten Tag. Der wird allerdings für die Kulturinteressierten noch überboten mit dem Rundgang durch Sibiu, dem alten Hermannstadt, der Kulturhauptstadt Europas des Jahres 2007.

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Alexander Schweitzer
Alexander Schweitzer (Foto: SWR, SWR - Wolfgang Drichelt)