Eine sechsköpfige Jury hatte das Vergnügen, die teilweise hochkarätigen Schülerwerke zu beurteilen. Die Spitze lag sehr dicht beieinander. So waren die fünf Erstplazierten nur durch wenige Punkte von einander getrennt. Auffallend, aber für die Eingeweihten nicht überraschend, war die Tatsache, dass auf den ersten acht Rängen keine Schule vertreten war, die zum ersten Mal an diesem Wettbewerb teilgenommen hat. Mit anderen Worten, Erfahrung zahlt sich aus.
Auf dem ersten Platz landete, wie in den Vorjahren, der "Jugendplanet Astra" aus Goch im Rheinland. Die Jugendlichen haben ein Niveau entwickelt, vor dem man einfach den Hut ziehen muss und das manchem professionellen Modellbauer zur Ehre gereichen würde. Die "Astralogen" haben -in Ermangelung eines großen Bahnhofs- den Landbahnhof ihrer Gemeinde Pfalzdorf nachgebaut. Natürlich darf dabei auch der traditionelle Erntedankzug nicht fehlen. Als kleiner Blick in die Heimatgeschichte bringt folgende Episode zutage: "Im 18. Jahrhundert suchten die Pfälzer "das Tor zur Welt". Sie wollten nach Amerika aussiedeln um ihr Glück zu finden. In der Gocher Heide blieb "das Tor zur Welt" geschlossen und so ließen sich die Pfälzer hier nieder. Im Jahr 1749 wurde der Ort Pfalzdorf genannt."
Den "Silberrang" eroberte sich die Grund- und Hauptschule Dauchingen aus Südbaden. Auch diese Schule hatte sich bereits im vergangenen Jahr einen Podestplatz gesichert. Dieses Mal haben sich die Dauchinger dem Bahnhof Fützen gewidmet. Es ist der Endpunkt der Wutachtal Museumseisenbahn, besser bekannt als "Sauschwänzlebahn". Das Bahngelände Fützen ist mit einer Brücke, zwei Lokschuppen, einem Bockkran, einer Unterführung und dem Bahnhofsgebäude ein recht anspruchsvolles Unterfangen. Die Schüler haben diese Aufgabe mit Bravour gelöst und nebenbei noch ein paar bewegliche Momente einfließen lassen, die Lokschuppentüre öffnen, den Kran drehen und die Musiker bewegen lassen. Zeitansage und Soundmodul für die Musiker kommen noch hinzu.
Platz drei ging an das Staatliche regionale Förderzentrum Erfurt-Süd mit einer wunderschönen Geschichte, die auf einem einzelnen Modul präsentiert wurde. Man schreibt das Jahr 1909, Max Bäz hat seine Lehre in Schönau beendet und will nun nach Leipzig, die Welt erobern. Das geht am einfachsten mit der Eisenbahn, weil damals auch kleinere Ortschaften über einen Bahnanschluss verfügten. Der Bahnhof Schönau-Ernstroda ist für Max das Tor zur Welt. Alle sind gekommen um ihn zu verabschieden, sogar die Kirchweihkapelle. Nur Fräulein Helene Vogel ist darüber traurig ...
Mein persönlicher Favorit konnte sich nur auf Rang acht platzieren: das Benedikt Maria Werkmeister-Gymnasium Neresheim, die der Härtsfeldbahn ein Denkmal gesetzt haben. Mit einer Anlage, bestehend aus fünf Dioramateilen, die den Ausgangs-Bahnhof dieser Meterspurbahn in Aalen/Ostwürttemberg darstellt. Mit Hauptbahn, Nebenbahnanlagen, Rollbockgrube und vielen anderen Details mehr, wie sie in den siebziger Jahren vor der Stilllegung zu sehen waren. Da in Aalen bis auf das ehemalige Verwaltungsgebäude alle Bauten der Härtsfeldbahn abgebrochen worden sind, hat die Modellbahngruppe beide Aalener Bahnhöfe der Härtsfeldbahn, den Personen- und den Güterbahnhof, im Maßstab 1:87 wieder auferstehen lassen.
Insgesamt war das Niveau in der Spitze wieder enorm hoch, in der Breite waren frühere Wettbewerbe allerdings etwas besser besetzt. Wenn kein Wunder geschieht, sich die Modellbahnindustrie nicht entschließen kann, diesen Wettbewerb weiterhin zu unterstützen, wird die fünfte Ausgabe von Modellbahn & Schule auch die letzte gewesen sein.
Es wäre überaus zu bedauern, denn es ist ja die Jugend, um die sich die Modellbahnindustrie vermehrt kümmern muss. Uns ältere Modellbahnfans braucht man nicht zu überzeugen, aber wir sind leider auch nicht die zukünftigen Hoffnungsträger dieses Hobbys.
Die Siegerehrung findet am 4. Dezember 2005, 12 Uhr anlässlich der Internationalen Modellbahn-Ausstellung in München statt, im Rahmen der Messe Heim und Handwerk.
Hagen v. Ortloff