Folge 511

Dem Spiel auf der Spur - Mythos Modelleisenbahn

Stand
AUTOR/IN
Christopher Paul

Ein Film über ein Museum, seine Spielzeuge und seine kleinen und großen Liebhaber.

Die Ausstellungsstücke, in der Hauptsache Loks, Wagen, Autos, Puppenherde, Schiffe und Dampfmaschinen, sind noch bis 15. Februar 2004 ausgestellt. Eine Zwischenbilanz.

Kostbarkeiten aus der Zeit um die Wende zum 20. Jahrhundert. Es sind in der Tat kleine Kunstwerke. Vielleicht passen sie nicht in den gängigen Kunstbegriff, aber wer seine Augen öffnet, kann zu keiner anderen Meinung kommen.
Die Ausstellung schlägt den spannenden Bogen vom für viele im 19. Jahrhundert unerreichbaren Wunschtraum zum populären und vielseitigen Hobby in unserer Zeit.

Als Theodor Friedrich Wilhelm Märklin im Jahr 1859 mit der Produktion von Puppenküchen-Zubehör begann, war die Modelleisenbahn noch in weiter Ferne. Das änderte sich ab dem Jahr 1891. Die Gebrüder Märklin, Karl und Eugen, stellten auf der Leipziger Ostermesse die erste genormte Spielzeugeisenbahn vor und nannten die Baugröße "Spur 1". Nicht nur Wagen und Lokomotiven waren unterschiedlich kombinierbar, auch mit den Gleisstücken waren variable Gleisfiguren möglich. Die später so benannte Modelleisenbahn war geboren.

Die ersten "Bahnanlagen" konnten wegen der Größe von Loks und Wagen nur zimmerfüllend – meist in der Weihnachtszeit – aufgebaut werden. Mit der zunehmenden Miniaturisierung und der Positionierung der Bahn vom Boden auf den Tisch wurde sie schließlich zum Hobby für das ganze Jahr.

Die Kunsthalle Tübingen zeigt den Weg der Firma Gebr. Märklin & Cie. GmbH von der schwäbischen "Fabrik feiner Blechspielwaren" bis zu einem der weltweit führenden Hersteller von Modelleisenbahnen.

Unter dem Motto "Märklin – Dem Spiel auf der Spur – Mythos Modelleisenbahn" präsentieren Kunsthalle und Unternehmen mehr als 100 Jahre Blechspielzeug und Modellbahnhistorie. Und nicht zu vergessen: die Katalogabbildungen. Handgemalten Bilder aus den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, die auf viele Besucher wie kleine Kunstwerke wirken. Bilder, die – so Direktor Professor Götz Adriani – in ihrer Art absolut surrealistisch sind. Götz Adriani hat den Modelleisenbahn- bzw. Weißblechvirus bereits als kleiner Junge aufgenommen, als er mit der Eisenbahn, die sein Großvater um die Jahrhundertwende erworben hatte, spielen durfte.

Eine Aufzieheisenbahn hat den kleinen Götz damals zum träumen gebracht. Dann schlummerte die Bahn 50 Jahre lang auf einem Dachboden, ehe sie jetzt wieder wachgeküsst wurde und in der Tübinger Ausstellung der Augen der Betrachter zum Glänzen bringt.
Die Ausstellung besuchten bereits mehr als 50.000 Menschen. Ein Beweis, wie beliebt das Thema Modelleisenbahn immer noch ist und welche Faszination es bis hinein in die neue Welt des Computerspielzeugs trägt.

Es war auch auffallend, so Götz Adriani, dass sehr viele Großväter zusammen mit ihren Enkelkindern die Ausstellung besucht haben. Ein Phänomen, dass auch schon Modellbahnhändler beobachtet haben. Vielleicht wird die Begeisterung für dieses Hobby doch stärker auf die junge Generation übertragen, als es oberflächlich den Anschein hat.

Die Ausstellung in der Tübinger Kunsthalle zeigt auch Schätze, die bisher noch völlig unbekannt waren. So ist ein Herd zu bestaunen, der in der Nachkriegszeit hergestellt wurde. Ein Sparherd, technologisch in der Tradition der Spielzeugherde, die Märklin jahrzehntelang gefertigt hat, für die aber in diesen Tagen wirklich kein Bedarf bestand.

Oder das Autobahnspiel. Urahn des heutigen Faller Carsystems. 1937 erschienen, als die ersten Bauabschnitte der neuen Reichsautobahnen gerade eröffnet worden waren. Märklin war immer auf der Höhe der Technik. Als der Schienenzeppelin Anfang der 30er Jahre seinen Weltrekord von über 230 km/h aufstellte, kurvte das Märklin Modell schon durch zahlreiche Kinderzimmer.

Auch heute will Märklin wieder technologischer Spitzenreiter sein und präsentierte am 19. Januar 2004 in Tübingen sein neues Digitalsystem namens "Märklin Systems".

Das System soll übrigens so einfach zu bedienen sein, dass es sogar Digitalmuffel wie Kollege Ortloff ohne Probleme begreifen sollten. Nun, wir werden sehen.

(ESD: 21.12.2003)

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Christopher Paul