Folge 570

Ferien, Dampf & gute Laune

Stand
AUTOR/IN
Susanne Mayer-Hagmann
Susanne Mayer-Hagmann (Foto: SWR, SWR - Wolfgang Drichelt)

Wir zeigen verschiedene Filme über Streichholzmodelle und Metallbaukästen, die letzten Tage einer Dampfspeicherlok, den 110. Geburtstag des Rasenden Rolands und noch einige Dampftipps

Chemiepark Gendorf in Bayern - Dampfspeicherlokomotiven

Im bayrischen Burgkirchen an der Alz gibt es einen Industriepark, wo noch heute Dampfspeicherlokomotiven ab und zu im Einsatz sind. Franzi, gebaut 1951 von Krauss-Maffei in München, tat für Eisenbahn-Romantik ihren letzten Dienst.
Resi, eine Württembergerin aus der Maschinenfabrik Esslingen, Baujahr 1944, wird noch als Reservelok vorgehalten. Wir berichten über beide Lokomotiven und die Funktionsweise einer Dampfspeicherlokomotive.

Portrait – Modellbauer Klaus-Dieter Degenhardt

Klaus-Dieter Degenhardt mit SWR Team (Foto: SWR, SWR -)
Klaus-Dieter Degenhardt mit SWR Team

Mitten im Teenager-Alter, bricht die Krankheit aus: Muskelschwund, nicht aufzuhalten, unheilbar. Doch den Lebensmut kann sie ihm nicht nehmen. Klaus-Dieter Degenhardt macht eine Ausbildung zum technischen Zeichner, gründet eine Familie – und frönt weiterhin einem Hobby, dass ihn schon seit seiner Kindheit in Bann gezogen hat:
Er baut Modell-Eisenbahnen aus dem Metallbaukasten ... zunächst. Dann fasziniert ihn das Baumaterial Holz, aber nicht etwa gewöhnliches Bastelbalsaholz, sondern er arbeitet mit Streichhölzchen.

110 Jahre Rasender Roland – Rügen

Rasender Roland heißt die Schmalspur-Eisenbahn zwischen Lauterbach bzw. Putbus und Göhren auf der Insel Rügen. Einige Jahre nach der Wende wurde es wieder turbulent. 2004 standen beim Roland dann plötzlich alle Räder still. Derzeit sind acht Dampfrösser betriebsfähig und regelmäßig im Einsatz. Im Sommer fahren täglich zwölf Zugpaare über die Insel. Die Schmalspurbahn ist und bleibt eine große Attraktion der Insel.

Bericht über Klaus-Dieter Degenhardt

Es fing damit an, dass Klaus-Dieter Degenhardt bei einer Kur 1961 einen Film über Freizeitbeschäftigungen sah, in dem unter anderem ein aus Streichhölzern gebautes Rathaus gezeigt wurde.

Ein Hobby, das ihn schon seit seiner Kindheit in Bann gezogen hat, hat er bereits: Er baut Modell-Eisenbahnen aus dem Metallbaukasten ...

Klaus-Dieter Degenhardt mit SWR Team (Foto: SWR, SWR -)
Klaus-Dieter Degenhardt mit SWR Team

Aber nach der Kur ist er fasziniert vom Baumaterial Holz, nicht etwa gewöhnliches Bastelbalsaholz, sondern Streichhölzer. Er kauft sich sein erstes Paket und baut für seine Märklin H0-Bahn eine 18 cm lange Kastenbrücke aus ca. 100 Streichhölzern. - Er köpft, sägt, schleift, schmirgelt, verklebt und verbiegt sie - rund 60.000 insgesamt. Und das Resultat grenzt an ein Wunder. Über die Jahre entstehen wahre Kunstwerke: vier Dampf-Lokomotiven und eine Diesel, filigran nachgebildet bis ins kleinste Detail.

Die größte ist 83 cm lang, Maßstab 1:32, zusammengesetzt aus 12.800 Zündhölzchen. Und das tollste ist: Die Loks lassen sich allesamt bewegen, auf den Nachbau ihrer Heusinger-Steuerung ist der Modellbauer besonders stolz.

Klaus-Dieter Degenhardt ist Familienvater mit zwei Kindern und von Beruf Meßtechniker.

Seit 1989 sitzt Klaus-Dieter Degenhardt im Rollstuhl, die Kraft in den Beinen hat ihn verlassen, im Lauf der Zeit leider auch die Beweglichkeit in seinen Fingern: Gezwungenermaßen ist er zu seiner ersten Leidenschaft zurückgekehrt, der Metallbaukasten hat ihn wieder.

Was uns bei unserem Besuch besonders beeindruckte, waren nicht nur die Schätze aus Metall und Holz, sondern auch die Begeisterung und Fröhlichkeit dieses Menschen Degenhardt, der mit seinem Schicksal nicht hadern mag.


Hinweis aus der Redaktion: Mittlerweile ist Herr Degenhardt leider verstorben. Umso mehr lebt er in unserem Film für immer weiter.

Rügens Rasender Roland

Rasender Roland heißt die Schmalspur-Eisenbahn zwischen Lauterbach bzw. Putbus und Göhren auf der Insel Rügen. Wobei man rasen nicht so wörtlich nehmen darf, eher liebevoll. Ganze 30 Stundenkilometer beträgt die Höchstgeschwindigkeit.

Täuschen darf man sich aber auch nicht. Nebenher laufen und Blumen pflücken ist nicht drin. Selbst ein Weltrekordläufer müsste spätestens nach zwei Minuten die Segel streichen. Insofern rast er schon, der Roland. 26 Kilometer ist die Strecke lang, 750 Millimeter sind die Gleise breit.

Das Streckennetz war einstmals fast viermal so lang. Doch in den 60er und 70er Jahren ging es dem rasenden Roland rasant an den Kragen. Auch das letzte Teilstück von Putbus nach Göhren stand vor dem Aus. Aber eine große Koalition aus Politik, Inselbewohnern und Eisenbahnern schafften des Unmögliche, die Rettung der Bahnlinie. 1975 erhielt sie sogar die Auszeichnung "Denkmal der Produktions- und Verkehrsgeschichte".

Einige Jahre nach der Wende wurde es wieder turbulent. Die Reichsbahn trennte sich von Roland, der nun in private Hände überging. Der neue Besitzer hielt freilich die Hand mehr auf, als schützend über das Kleinod. Sand setzte sich in das Getriebe. 2004 standen beim Roland dann plötzlich alle Räder still.

Ein Verkauf, anschließend der Rückkauf bei gleichzeitiger Einstellung des Betriebes verhießen nichts Gutes. Aber ein erneuter Verkauf an einen Geschäftsmann und Eisenbahnliebhaber bescherten dem Rasenden Roland einen neuen Anlauf. Schließlich gehört Roland der Rasende zur Insel, wie die Kreideklippen, die Rapsfelder und die Störche. Seit über hundert Jahren. Und auch in Zukunft.

Derzeit sind acht Dampfrösser betriebsfähig und regelmäßig im Einsatz. Im Sommer fahren täglich zwölf Zugpaare über die Insel. Da geht die Fahrt auch zwei Kilometer über Putbus hinaus nach Lauterbach, das auf einem Dreischienen-Gleis erreicht wird. Von dort aus kann man eine Schiffsreise nach Göhren machen und dort wieder in den Roland einsteigen.

Die Schmalspurbahn ist und bleibt eine große Attraktion der Insel. Es ist offensichtlich: Rügens Roland rast rastlos. Und das ist gut so. Die dunklen Wolken der Vergangenheit sind dem Sonnenschein gewichen.

(ESD: 17.07.2005)

Stand
AUTOR/IN
Susanne Mayer-Hagmann
Susanne Mayer-Hagmann (Foto: SWR, SWR - Wolfgang Drichelt)