
Pflegekräfte am Limit
Keine Zeit für etwas Zuwendung, gestresste Kollegen, acht Stunden Schicht im Laufschritt – so sieht der ganz normale Alltag von Pflegekräften im Krankenhaus au. Auf manchen Stationen liegen viele hochbetagte, kognitiv und physisch eingeschränkte Patienten, die Hilfe beim Essen brauchen, die gewickelt, gewendet und neu verbunden werden müssen. Wie halten das die Pflegekräfte durch? Können sie eine einwandfreie Pflege garantieren? Das "betrifft"-Team hat Pflegekräfte begleitet und zeigt ihren Arbeitsalltag auf Station am Krankenhaus Bietigheim, eine Klinik des RKH-Verbunds Ludwigsburg. Der Klinikverbundsleiter und der Betriebsleiter benennen ihre Probleme offen und transparent in Interviews. Was bringen Pflegekräften und Patienten die neu eingeführten Personaluntergrenzen? Woher sollen Pflegefachkräfte kommen, wenn der Markt leergefegt ist? Ist alles eine Mogelpackung? Wie es auch anders gehen kann, zeigt die Klinik Öschelbronn am Rand des Nordschwarzwalds.
Patienten in Gefahr?
Volker B. (74) ist heute ein Pflegefall – und meistens auf seinen Rollator angewiesen. Alles begann vor vier Jahren mit einer akuten Lungenentzündung, wegen der er in die Klinik kam. Diese Krankheit wurde geheilt, doch ein schweres Druckgeschwür am Steißbein, ein sogenannter Dekubitus, ruinierte seine Gesundheit – eine Folge von langem Liegen und unsachgemäßer Lagerung. 31 Mal wurde Volker B. am Steiß operiert, 31 Mal unter Vollnarkose. Fast ein Jahr musste der Rentner, der bis dahin voll im Leben stand, in der Klinik verbringen. Dazu kamen noch weitere pflegerische Fehlleistungen: „Wenn ich auf die Toilette musste, kam meist niemand, und wenn ich es nicht mehr halten konnte, lag ich oft eine halbe Stunde in meinen Exkrementen, bevor mich jemand säuberte“, erzählt Volker B. Heute ist er stark eingeschränkt: All die Reisen, die er für seinen Ruhestand geplant hatte, kann er nun nicht mehr unternehmen. Wie sieht sein Leben heute aus? Wie hat die Klinik auf seine Regressforderungen reagiert? Nicht alle Betroffenen treten an die Öffentlichkeit wie Volker B. – nach Expertenmeinung passieren Fehler oft im Verborgenen und bleiben unentdeckt.