Häufige Fragen

Geflüchtete privat aufnehmen

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Viele Millionen Menschen sind ob der verheerenden Kriegsereignisse in der Ukraine auf der Flucht gen Westen. Viele Geflüchtete kommen auch zu uns nach Deutschland. Die Hilfsbereitschaft und die Solidarität ist groß. Hilfsorganisation und Kommunen starten Aufrufe Geflüchtete vorübergehend privat unterzubringen. Wer Geflüchtete aufnehmen will, gerade wenn er zur Miete wohnt, sollte ein paar wichtige Aspekte beachten, damit aus der Euphorie des "Helfen wollens" nicht große Enttäuschung entsteht.

Darf ich überhaupt Ukraine-Flüchtlinge privat bei mir aufnehmen?  

Ja, das geht. Denn Geflüchtete aus der Ukraine dürfen visumfrei nach Deutschland einreisen und auch bleiben. Sie erhalten „unmittelbaren Schutz“. Die Situation ist also eine andere, als in der Flüchtlingskrise 2015. Das liegt an der Aktivierung der sogenannten “Massenzustrom-Richtlinie“ der EU. Daraus folgt, dass ukrainische Flüchtlinge bei der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, ohne ein Asylverfahren zu durchlaufen. Sie können deshalb direkt bei Privatpersonen unterkommen und müssen nicht zuerst in eine Erstaufnahmeeinrichtung. 
Diese Aufenthaltserlaubnis gilt erstmal für ein Jahr, sie kann aber auf bis zu drei Jahre verlängert werden. 

An wen kann ich mich wenden, wenn ich eine Wohnung zur Verfügung stellen will?

Länder und Kommunen haben hierfür zentrale Stellen eingerichtet, man kann sich aber auch an private Hilfsorganisationen wenden. Am besten schaut man auf der Internetseite seines Bundeslandes oder seiner Heimatstadt nach. Oder man fragt beim Landratsamt beziehungsweise der Kreisverwaltung seiner Kommune nach. Außerdem gibt es bereits zahlreiche private Hilfsorganisationen, zum Beispiel www.unterkunft-ukraine.de/. Hier kann man sich auch melden, wenn man erstmal nur über einen Zeitraum von 2 Wochen jemanden aufnehmen möchte.  

Welche Fragen sollte ich mir stellen, bevor ich eine Unterkunft anbiete? 

Fernab vom Rechtlichen: Zunächst einmal ist es großartig, dass eine solche Hilfsbereitschaft besteht und sich so viele die Aufnahme von Geflüchteten vorstellen können. 
Man darf dabei aber nicht vergessen, was es heißt, einen möglicherweise schwer traumatisierten Menschen aufzunehmen. Die Personen, die derzeit so abrupt ihr Heimatland verlassen müssen, haben oft Schreckliches erlebt. Häufig sorgen sie sich um Familienmitglieder, die sie im Krieg zurücklassen mussten. Eventuell sind sie traumatisiert und können nicht über das Erlebte sprechen.  
Gerade deswegen ist es wichtig, dass sie Konstanz und Ruhe bekommen. Bestenfalls ist man daher bereit, seinen Gast mehrere Wochen zu beherbergen. Man muss sich dabei auch darüber im Klaren sein, dass Nebenkosten durch die Aufnahme von Flüchtlingen steigen werden. 
Und auch in Kriegszeiten ist die Corona-Krise nicht vorbei. Bevor sie Geflüchtete zu sich nachhause mitnehmen, sollten alle einen Corona-Test machen. Unter Umständen gilt auch die Corona-Impfung, die die Menschen in der Ukraine erhalten haben, in Deutschland nicht, weil der Impfstoff hier nicht zugelassen ist. Das muss man in Bezug auf 3G/2G - Regelungen im Blick behalten. 

Muss ich meinem Vermieter Bescheid geben, wenn ich einen Flüchtling bei mir aufnehmen möchte? 

Wenn man plant, jemanden längerfristig in seiner Mietwohnung wohnen zu lassen, braucht man die Erlaubnis seines Vermieters. Das gilt für Flüchtlinge ebenso wie für andere Untermieter. Nur enge Familienangehörige und vorübergehender “Besuch” dürfen ohne weiteres einziehen. Wie lange jemand Besucher ist, lässt sich rechtlich nicht eindeutig sagen. Ab einem Zeitraum von 4-8 Wochen darf man aber wohl davon ausgehen, dass der Aufenthalt in der Wohnung nicht mehr nur vorübergehend ist. Dann würde man nicht mehr von Besuch sprechen und der Vermieter muss dem Aufenthalt zustimmen. Das bedeutet: Für wenige Wochen darf man Flüchtlinge ohne weiteres in seiner Wohnung aufnehmen. Bei einem längeren Zeitraum sollte man Rücksprache mit dem Vermieter halten. 

Was ist, wenn mein Vermieter mir die Erlaubnis nicht erteilen will? Habe ich rechtliche Möglichkeiten? Schließlich tue ich etwas Gutes, wenn ich mich bereit erkläre, Flüchtlinge aufzunehmen.

Hier muss man unterscheiden: geht es um die gesamte Mietwohnung, so ist es Sache des Vermieters, wem er diese überlassen möchte. 
Anders ist es aber, wenn man mit Geflüchteten gemeinsam seine Wohnung bewohnen möchte. In diesen Fällen hat der Vermieter die Erlaubnis zu erteilen, wenn der Mieter nachvollziehbare Gründe nennt, warum er seinen Wohnraum mit einem Dritten teilen möchte. Das Aufnehmen von Flüchtlingen in Folge der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs ist eine wichtige soziale Aufgabe. Vor diesem Hintergrund könnte man von einem berechtigten Interesse des Mieters an der Untervermietung sprechen. Abschließend klären müssten das aber Gerichte im Einzelfall. Denn: Ein allgemeines Recht auf Untervermietung gibt es nicht. Der Vermieter darf in jedem Fall gesondert abwägen, wie sich die gewählte Person auf die Hausgemeinschaft und das Mietobjekt auswirkt. Die Flüchtlingseigenschaft einer Person stellt dabei aber gerade keinen Grund dar, eine Erlaubnis zu versagen. Das folgt aus den Wertungen des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), wonach eine Person nicht aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt werden darf.  
Verweigert der Vermieter zu Unrecht die Aufnahme einer Person in die Wohnung, so kann man gerichtlich auf Erlaubniserteilung zur Aufnahme klagen. 

Gibt es darüber hinaus rechtliches zu bedenken, wenn ich Ukraine-Flüchtlinge aufnehme? 

Da wären zum einen versicherungsrechtliche Fragen. Flüchtlinge erhalten keine private Haftpflichtversicherung vom Staat. Das bedeutet, dass der Flüchtling Schäden, die er verursacht, zum Beispiel in der Wohnung seiner Gastgeber, selbst begleichen muss. Außer er hat eine ukrainische Versicherung, die das übernimmt. 
Gerade in einer Mietwohnung kann das leicht zu Konflikten führen. Gegenüber dem Vermieter haftet nämlich der Mieter, auch wenn der ukrainische Gast den Schaden verursacht hat.  
Anders ist es bei der Krankenversicherung. Wenn der Flüchtling eine Aufenthaltserlaubnis hat, erhält er ärztliche Behandlung und notwendige Medikamente. Um eventuell bestehende Versicherungslücken zu schließen, kann aber dabei der Abschluss einer privaten Auslandskrankenversicherung ratsam sein. 

Es sind viele Nationen auf der Flucht aus der Ukraine. Wer gilt in Deutschland rechtlich als Ukraine-Flüchtling?  

Zuerst einmal gilt jeder ukrainische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Ukraine als Flüchtling. Staatsangehörige anderer Länder gelten in Deutschland als ukrainischer Flüchtling, wenn sie sich langfristig rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben. Das gleiche gilt für Menschen ohne jegliche Staatsangehörigkeit. 

Wie lange dürfen sie bleiben? Gibt es reguläres Asylverfahren nach internationalem Recht?  

Nein, durch die Aktivierung der sogenannten “Massenzustrom-Richtlinie” müssen die ukrainischen Flüchtlinge kein Asylverfahren durchlaufen. Sie erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr bei der zuständigen Ausländerbehörde. Diese kann dann bis auf drei Jahre verlängert werden. 

Wer kommt für die Kosten der Geflüchteten auf?  

Die Flüchtlinge müssen grundsätzlich ihre Kosten selbst durch ihr eigenes Vermögen und ihr Einkommen tragen. Sie dürfen auch ab Erhalt ihrer Aufenthaltserlaubnis arbeiten. 
Sollten ihre eigenen Mitteln nicht ausreichen, erhalten sie staatliche Unterstützung. Zum Beispiel für Ernährung, Unterkunft, Heizung oder Kleidung. Wenn sie bei Privatpersonen unterkommen, werden diese Leistungen den Ukrainer*innen in Geld gewährt. 
Für Menschen, die Geflüchtete bei sich aufnehmen, gibt es bisher keine staatliche Unterstützung.  

Wie wichtig ist es sich als Ukraine-Flüchtling bei den Behörden zu melden? 

Nur wer sich bei den Behörden meldet, erhält eine Aufenthaltserlaubnis und damit staatliche Leistungen. Man ist auch nur dann in Deutschland krankenversichert. Ohne Meldung bei den Behörden, erhält man all dies zwar nicht, aber man darf trotzdem 90 Tage als Besucher in Deutschland bleiben. Dies gilt aber nur, wenn man einen ukrainischen Pass hat.  
 
 
 

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AUTOR/IN
SWR Fernsehen