Nach einem langen Winter haben wir gerade verstärkt Lust auf was Frisches. Kohl haben die meisten satt. Salat, Gurken und Tomaten haben noch keine Saison und kosten richtig viel. Keimlinge oder Sprossen dagegen sind knackig frisch und günstig. Sie selbst zu ziehen, ist meist ziemlich einfach.
Beispiele für Samen zum Ankeimen
- Gemüsesamen wie Brokkoli, Rettich und Radieschen
- Alfalfa (Luzerne), Rotklee, Bockshornklee
- Kresse, Rucola und Leinsamen
- Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen (nicht die geschälten roten Linsen) und Kichererbsen
- Getreide wie Weizen, Dinkel, Roggen oder Nackthafer
- Pseudogetreide wie Buchweizen, Hirse und Quinoa
So schmecken die Keimlinge
Aus kleinen Gemüsesamen werden die zarten Sprossen, die einfach aufs Butterbrot kommen und meist einen nussig-herzhaft würzigen Geschmack mitbringen. Bei Rettich und Brokkoli schmecken die leicht scharfen, entzündungshemmenden Senföle durch. Für viel Geschmack ist deshalb nur eine kleine Menge nötig, auch als Salat-Topping beispielsweise.
Gekeimte Hülsenfrüchte geben eine tolle Salatzutat ab. Kichererbsen schmecken dann wunderbar nussig mild, Linsen intensiver. Beide lassen sich übrigens besser kauen, wenn sie für einige Minuten gekocht werden. Giftstoffe, wie das Eiweiß Phasin werden schon beim Keimen abgebaut, sodass die Kichererbsen auch roh gegessen werden können.
Getreidekeimlinge und auch Keimlinge aus Pseudogetreide passen ebenfalls gut in Salate. Sie lassen sich aber auch zu Breien verarbeiten, schmecken als Müslizutat, passen in Gemüsepfannen und sind eine Zutat im Brotteig.
Keimlinge und Sprossen sind Nährstoffwunder
Die Keimlinge enthalten etwa doppelt so viele Vitamine und Mineralstoffe wie die ausgewachsene Pflanze. Durch das Keimen erhöht sich der Vitamin-B-Gehalt sogar. Vitamin C entsteht.
Außerdem sind Mineralstoffe wie Calcium, Magnesium und Eisen aus den Getreidekeimen besser verfügbar als sonst. Denn durch das Keimen wird nämlich die Phytinsäure abgebaut. Die bindet im Korn die Mineralstoffe und sorgt dafür, dass sie kaum vom Körper aufgenommen werden können. Bei gekeimtem Getreide haben wir das Problem nicht.
Auch das ungenießbare Eiweiß Phasin in Hülsenfrüchten wird durch das Keimen umgewandelt und ungiftig. Das erreichen wir sonst durch das Kochen. Sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe enthalten die kleinen Kraftpakete natürlich auch noch.
So funktioniert das Keimen
1. Einweichen der Samen
Die Samen werden vor dem Keimen immer eingeweicht. Einige brauchen nur eine Viertelstunde, andere wie die Kichererbsen über Nacht bis zu 18 Stunden.
Gerade bei Hülsenfrüchten und Getreide ist es wichtig, Dreck und Staub gut abzuspülen.
Kichererbsen, die oben schwimmen, werden aussortiert. Getreidekörner, die beschädigt sind, ebenfalls.
2. Tipps zum Keimen
Schleimbildende Samen wie Kresse, Rucola oder Leinsamen lassen sich nach dem Einweichen sehr gut auf Küchenpapier ausbreiten und werden nur mit einer Sprühflasche weiterhin feuchtgehalten.
Alle anderen Samen, die keine Schleimschicht ums Korn bilden, lassen sich hervorragend im Keimglas ziehen.
Große Exemplare wie Kichererbsen können auch gut in einem großem Schraubglas keimen, das mit einem grob, gewebten Stück Gardine abgedeckt wird. Oder sie bleiben direkt im Sieb, zumal sie eh öfter durchgespült werden müssen. Das gilt auch für Buchweizen, der sowieso nur einen Tag lang keimt.
Die Samen haben unterschiedliche Keimzeiten. Samenmischungen sind in der Regel ganz gut aufeinander abgestimmt.
Während es bei etlichen Gemüsesamen nicht auf den Tag ankommt, sollten Kichererbsen beispielsweise höchstens vier Tage keimen, weil sie sonst bitter schmecken.
Regelmäßiges Spülen, zwei bis dreimal am Tag ist wichtig, um die Samen feucht zu halten. Außerdem beugt das Schimmel vor und sorgt dafür, dass sich bspw. Bakterien nicht in einem gesundheitsschädlichen Maß vermehren können. Je wärmer es ist, desto häufiger sollte gespült werden.
3. Der richtige Standort fürs Keimen
Hell sollten die Keimlinge stehen, aber nicht direkt in der Sonne. Das heizt zu sehr auf.
TIPP: Die Keimtemperatur sollte möglichst zwischen 18 und 22 Grad liegen
Eine niedrigere Temperatur behindert das Auskeimen. Eine höhere Temperatur fördert das Wachsen unerwünschter keime und Schimmel.
TIPP: Winzige Haare am Samen deuten auf Schimmel hin. Winzige Haare an den winzigen gewachsenen Stängeln sind nur Luftwurzeln.
Fertig gekeimte Sprossen, können für etwa zwei Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Hier ein paar ausgewählte Samen:
Saat | Einweichen | Keimdauer | Geschmack und Bemerkungen |
Alfalfa (Luzerne) | 12 h | 4 Tage | Schmeckt mild, fast wie Salat |
Bockshornklee | 6 h | max. 4 Tage | Kräftiger Geschmack. Wird bei längerer Keimdauer bitter. |
Brokkoli | 10 h | 4 Tage | Leicht scharf durch enthaltene Senföle |
Rettich | 4 h | 7 Tage | Schmeckt würzig-scharf |
Buchweizen | 30 min | 8 h | Verwenden, sobald ein kleiner Keimschwanz zu sehen ist. Etwas länger über Nacht stehen lassen, geht auch. |
Kichererbsen | 16 h | Max. 4 Tage | Verwenden, wenn der Keimschwanz einen cm lang ist. Längeres Keimen macht sie bitter, sonst nussig mild. Zusätzliches 5minütiges Blanchieren macht sie weicher. |
Linsen | 12 h | 2-4 Tage und etwas länger | Durch das Keimen schmecken sie etwas kräftiger. Vor dem Genuss ein paar Minuten blanchieren. |
Weizen/Dinkel | 12 h | 3-4 Tage | Schmeckt angenehm süßlich |
Quinoa | 4 h | 24 h |
Keimlinge sind keine Keimschleudern
Samen enthalten natürlicherweise Keime, weil sie nicht steril sind. Eine gute Küchen-Hygiene sorgt dafür, dass sie sich nicht bis zu einem gesundheitsschädlichen Maß vermehren.
Durch gekaufte Sprossen gab es 2011 besonders im Norden Deutschlands etliche Krankheitsfälle und sogar einige Todesfälle durch EHEC. Das sind Darmbakterien. Inzwischen gibt es strengere Gesetze in Sachen Hygiene und Anforderungen, so dass gekaufte Keime und Sprossen seitdem nicht mehr als gesundheitsschädlich auffallen. Untersuchungen der letzten fünf Jahre zeigen, dass zwar Keime nachgewiesen werden, aber bis auf eine Ausnahme alle in so geringen Mengen, dass sie nicht schaden.
Schwangeren und immungeschwächten Personen wird aufgrund des grundsätzlichen Risikos geraten, nur blanchierte Sprossen zu essen. Das gilt auch für selbst gezogene Keimlinge.
TIPP: Rohe Keimlinge und Sprossen vor dem Verzehr immer gut durchspülen.